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„Papa, wie kommt der “Bumm” in die Kanone?”

Vermutlich muss man den so angesprochenen Vater bei der korrekten Beantwortung der doch sehr konkreten Frage etwas helfen. Denn die Antwort ist schon eine kleine Geschichte. Den „Bumm”  kann man nicht bei ebay kaufen und auch in der Woche vor Schützenfest gibt es ihn nicht gebrauchsfertig zu erwerben. Wie bei vielen Dingen im Zusammenhang mit dem Müllenbacher Schützenfest sind fleißige Hände und besonnene Leute gefragt.

Ein „Bumm” besteht aus einer Edelstahlkartusche, Schwarzpulver, einem Zündhütchen und einem dicken Korken. Die Edelstahlkartuschen wurden eigens für die „dicke Berta” von Schützenbrüdern auf einer Drehbank hergestellt und werden jedes Jahr wieder benutzt. Die Kartuschen strahlen und blitzen in der Sonne und wiegen ganz schön. Das Schwarzpulver und die Zündhütchen  werden vom Leiter der Böllerkommission im Fachhandel gekauft. Hierfür benötigt er eine behördliche Erlaubnis, die ihn als Schwarzpulverkanonier ausweist. Überhaupt dürfen nur Leute mit einem „Schwarzpulverschein” mit dem hochexplosivem Pulver, den Kartuschen und den Korken umgehen. Wenn der Papa über die Jahre hinweg aufmerksam in die Zeitung schaut, wird er ab und an schreckliche Berichte über Unfälle  lesen, die durch den unsachgemäßen Umgang mit Schwarzpulver verursacht wurden. 

Am Schützenfest-Samstagmorgen treffen sich die Kanoniere an einem fast geheimen Ort. Ganz geheim kann er nicht sein, weil sonst die Kanoniere ihn nicht finden würden. Dann beginnt das Laden der Kartuschen. Rauchen und alles was Funken macht ist jetzt strengstens verboten. Zunächst wird das Zündhütchen in die dafür vorgesehene Öffnung im Boden der Kartusche gedrückt. Dann wird das Schwarzpulver in ein Schwartau-Marmeladenglas bis zu einer Klebebandmarkierung gefüllt. Das ist die richtige Menge für den richtigen „Bumm”. Etwas mehr oder etwas weniger an Schwarzpulver macht hinterher einen etwas anderen „Bumm”. Der Leiter der Böllerkommission allein kann am Klang des „Bumms” hören, ob seine Hilfskanoniere sauber gearbeitet haben.  Dann wird die Kartusche verschlossen, indem mit Hilfe einer handgetriebenen Presse  ein dicker Korken in die offene Seite der Kartusche gepresst wird. Fertig ist die Kartusche mit den „Bumm”. Insgesamt werden 17 Kartuschen so geladen. Diese kommen dann in einen Holzkasten, der vom Leiter der Böllerkommission abgeschlossen wird. Den Schlüssel trägt der Schützenbruder das ganze Fest über in der rechten, oder auch mal linken eigenen Hosentasche. Anschließend wird die „dicke Berta” gereinigt und zu ihrem ersten Einsatzort am Samstagnachmittag gezogen. Die Kanoniere sind nach getaner Arbeit durstig und trinken zusammen ein Bier. Meistens ist dann auch „Mr. Bumm” dabei, der Ehrenkanonier, der über viele Jahrzehnte Leiter der Böllerkommisson war. Der erzählt dann ganz aufregende Geschichten von früher aus seinem Leben als Sprengstoffexperte.  Das ist sehr spannend und meistens immer sehr witzig.

Am Samstagnachmittag wird dann das Müllenbacher Schützenfest  um Punkt 18.00 Uhr mit 5 Böllerschüssen eröffnet. Dazu wird eine Kartusche in das Kanonenrohr geschoben und mit einem Verschluss gesichert. Auf dem Verschluss sitzt der federgetriebene Schlagbolzen der nun gespannt wird und durch Ziehen an einem Lederriemen ausgelöst wird. Der Schlagbolzen saust dann auf das Zündhütchen, das einen Funken produziert, der ausreicht, um die in der Kartusche befindliche Menge Schwarzpulver  zur Explosion zu bringen. Dann gibt es den „Bumm” und der Korken fliiegt mit ziemlicher Wucht aus dem Kanonenrohr. Wenn in der Flugbahn des Korkens sich ein Fenster befindet, geht dies in der Regel zu Bruch. Dabei gibt es auch eine große Menge Qualm, der in der Nase beißt und sich lange in den Anziehsachen hält. Die Kanoniere stehen dann um die Kanone herum und freuen sich wie kleine Kinder. Es macht halt Spaß in der kleinsten Kommission des Müllenbacher Schützenvereins aktiv zu sein.